Venedig hieß es,

aber auf den Plätzen

ist kein Mensch mehr zu sehen.

Ein Nebel von Wasser und Rauch,

der letzte Kleidersaum

eines Gottes, weder gut noch böse.

Gott ist gleichgültig und reist ohne Antlitz

mit dem Wind auf das Festland zu,

woher auch ich stamme.


Auch vom Pläne machen, das Meer einzudämen,

Hat man genug gehabt.

Nun ist das Meer gekommen.


Es hieß Venedig.

Wer war nicht schon einmal da, wer hat es nicht besessen?

Sie kamen sogar aus den Steppen.

Und es gab nichts als Tavernen,

als Geldwechslerstuben und Souvenirs.

Es sah aus wie Kuba, wie Haiti zur Zeit der Seeräuber.

Doch wem war das wichtig?

Die Touristen waren nicht das Schlimmste,

das Verhängnis, das heimliche,

waren die Einheimischen.

Der Dorsoduro um die Salute-Kirche

war eine Hochburg der Harlekine.


Die letzten Freunde

sind fortgegangen aufs feste Land.

Von dem Platz da unten

sehe ich, wie durch die leere Wohnung der Wind weht.

Auch meine kleine Katze ist fort

aufs Festland.

Da vorn ist die Giudecca nicht mehr zu sehen,

und die spärlichen Lichter,

die noch brennen,

sind von Leuten, die dabei sind wegzuziehen.

Venezia si chiamava,

ma di campo in campo

non rimane nessuno.

Nebbia d’acqua e di fumo,

utilmo lembo della veste

di un dio né buono né malvagio.

Dio è indifferente e viaggia senza volto

col vento verso la terraferma

donde anch’io vengo.


Anche di far progetti contro il mare

ne avevano abbastanza.

Ora il mare è venuto.


Si chiamava Venezia.

Chi non c’è stato, chi non l’ha avuta?

Sono venuti sin dalle steppe.

E non c’era più altro che taverne,

cambiavaluta e gadgets.

Sembrava Cuba, Haiti al tempo dei pirarti.

Ma a chi importava?

E non erano il peggio i transeunti,

il male oscuro

erano gli abitanti.

Il Dorsoduro intorno alla Salute

era una roccaforte di arlecchini.


Gli ultimi amici

se ne sono andati in terraferma.

Giù dal campo vedo

che nella casa vuota va e viene il vento.

Anche il mio piccolo gatto se n’è andato

in terraferma.

Non c’è più la Giudecca là davanti,

e i pochi

deboli lumi ancora accesi

sono di gente che fa trasloco.

Erschienen in: Anna Maria Carpi. 2011. Venedig Hieß es. Gedichte. Aus dem Italienischen von Eva Taylor. Mit einer Radierung von Peter Marggraf. Bordenau & Venezia: San Marco Handpresse [früher in: San Marco Handpresse. Berichte aus der Werkstatt. November 2010, 39]

Anna Maria Carpi. 2004. Compagni corpi. Milano: Scheiwiller, 140-141.

Venezia si chiamava/Venedig hieß es

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